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Die Klage der Germania

Ein Gedicht von Marc Sommer

Die Klage der Germania

Wo ist der Schwur, den einst die Väter sprachen? Das Volk, die Quelle, deren Strom nicht stockt? Es ward zur Horde, die am Rand muss wachen, ein Echo nur, das niemand mehr gelockt. Seit Zwanzig-Null hat sich der Schleier dicht über dies Land und seine Seele gelegt, die Herrscher tragen nun ein fremdes Licht, das nur für ihren eigenen Thron gepflegt.

Die Bürden schwellen. Nicht Gold, nicht Korn tragen die Schultern derer, die einst herrschten, sondern ein Netz aus Schuld, das ohne Zorn den Geist der Mittelschicht zu Tode quetschte. Für fremde Kassen, tief in schwarzer Nacht, muss Vaterland nun bürgen, ohne Ende; der Bürger, einst in Würde aufgewacht, wird zum Knecht und biegt die leere Wende.

Die Demokratie, sie ward zum Maskenspiel, ein Spiegel für die wenigen, die walten. Sie sprechen vom Rechte, doch nur ihr Ziel darf in den Heiligtümern der Gestalten Geltung besitzen. Der Ruf der Straße stumm, die Stimme des gemeinen Manns verpönt; nur wer gehorcht, nur wer betet krumm vor dem Altar der Macht, wird schonend gesöhnt.

Doch schlimmer noch: Des Wortes scharfe Klinge ward zur Waffe in der fremden Hand. Der Tote liegt, das Blut in steter Schwinge, im eigenen Viertel, unerkannt im Sand. Die Kultur, die der Einwanderer bringt, tötet den Frieden, der so schwer errungen; der Staat, der Schutz versprach, verstummt und ringt sich feige ab von jenen, die durchdrungen von Schmerz und Angst ihr Leben verlieren.

Die Politiker, vom Pöbel unerreicht, sind Henker für die Seelen der Gewöhnlichen. Sie quälen uns mit Gesetzen, leicht verpackt in Phrasen der Versöhnlichen. Der psychische Druck ist ein stummer Schrei, der körperliche Schmerz, wenn die Polizei, der verlängerte Arm der Obrigkeit, die Bürger schlägt für fehlende Untertanen-Treue.

O, Deutschland, Land der Dichter und der Denker! Dein Volk wird misshandelt von eigenen Klägern und fremden Räubern, jenen Seelen-Henkern, die töten im Schutz der falschen Geber. Der Tyrann trägt heute keinen Mantel rot, er trägt den Anzug, spricht vom Fortschritt hehr; und während das Volk versinkt im Angst-Tod, tanzt die Elite ungestört am Meer.

So ruft dies Land nach Gerechtigkeit und Sinn, gegen die Gefahr, die innen und außen lauert. Bis jener Tag kommt, da der Bürger kühn die Herrschaft fordert, die ihm Gott betrauerte.

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