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Lagebericht zur organisierten Kriminalität

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Der Senator eröffnet die Pressekonferenz

Hintergrund ist, dass die Staatsanwaltschaft Berlin einen Lagebericht 2018 bis 2020 erstellt hat. Der Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Dr. Behrendt hat nach Durchsicht des Lageberichts erkannt, dass noch so viele einzelne Sachverhalte aber auch Zusammenhänge, die zusammen dargestellt werden sollen, was in dem Bereich organisierte Kriminalität unternommen wird und wo noch Schwierigkeiten sind. Drogenhandeln, Menschenhandel, Zwangsprostitution, Schutzgelderpressung, Fahrraddiebstahl bis hin zu organisierten Einbrüchen, umfasst das Spektrum nahezu alle Bereiche des Strafgesetzbuches.

Das Verfahren der Vermögensabschöpfung

Ein weiteres Thema ist die Vermögensabschöpfung. Die dann in Betracht kommt, wenn es um Geldwäsche, Wirtschaftskriminalität u.a.  geht. Hier war im Vordergrund, die Beschlagnahmung von Immobilien und Konten. Bei den Immobilien gibt es bundesweit noch schwierige Hürden, die juristisch eingearbeitet werden müssen. Leiter der Staatsanwaltschaft Berlin, Herr Raupach

Die Bekämpfung in den Bereichen ist und war seit der 90er Jahre ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit der Staatsanwaltschaft Berlin und in keinem anderen Feld als der organisierten Kriminalität wird ein Wandel in der Kriminalitätsbekämpfung deutlicher als in diesem. Anfang der 90er Jahre, so der Leiter Herr Raupach, waren es noch Euroschecks und gefälschte Kreditkarten ein großes Thema. Heute durch die neuen Zahlungsmöglichkeiten im Bereich der organisierten Kriminalität spielen diese Zahlungsmittel keine oder kaum noch eine Rolle.  Dafür gibt es neue Bereiche der organisierten Kriminalität. Es gibt bei der Staatsanwaltschaft Berlin vier Abteilungen, die sich mit diesem Schwerpunkt beschäftigen. Insgesamt arbeiten dort derzeit 36 BeamtInnen an der Bekämpfung der verschiedenen Straftaten. In der Gesamtheit betrachtet sind es 10 % der BeamtInnen, die sich mit diesem Schwerpunkt bei der Staatsanwaltschaft beschäftigen. Nach Abschluss des sogenannten „Rockermordes“. Die Ermittlungen haben über fünf Jahre angedauert. Hiernach ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen, was das Milieu der Rockerszene angeht. Was ein großes Thema bei den Ermittlungen darstellt, ist in der Wirtschaft die Ausbeutung von Arbeitskräften am Arbeitsmarkt. Hier seien es ähnliche Strukturen, Menschen werden illegal nach Deutschland gebracht und in die Zwangsprostitution getrieben oder den illegalen Arbeitsmarkt allgemein, durch geringe Löhne. Herr Raupach betont, dass dieser Bereich aufwendige zu ermitteln sind und sehr viel Kapazitäten beanspruchen. Hier ist die personelle Kapazität gemeint und auch die Datenspeicherung und die Datenverarbeitung. Ein relativ neues Instrumentarium ist die Vermögensabschöpfung. Diese Abteilung wird von Frau Dr. Thom geleitet.

Die Problematik ist immer noch die Datenflut und die Auswertung. DNA ist ein großer und wichtiger Baustein, der sehr komplex ist. Herr Staatsanwalt Raupach betonte erneut, dass die organisierte Kriminalität nicht nur durch Gewalt, Raub oder Einbrüchen gekennzeichnet ist, sondern auch die Wirtschaftskriminalität ist ein großes Arbeitsfeld der Berliner Staatsanwaltschaft. Dennoch bei all unserem Fortschritt, geht Herr Raupach nicht davon aus, dass dieses Feld der organisierten Kriminalität irgendwann keine Rolle mehr spielen wird. Wir werden auch weiter damit konfrontiert, nur die Art und Weise der Täter wird sich wandeln.

Vermögensabschöpfungsreform

Seit der großen strafrechtlichen Vermögensabschöpfungsreform zum 01. Juli 2017 ist die Vermögensabschöpfung ein zentraler Kern eines Ermittlungs- und Strafverfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat das ausführlich entschieden und begründet. Ein mal zum erweiterten fällen einer Entscheidung  von 2004 und hat dort die strafrechtliche Vermögensabschöpfung bereits als „staatlichen Auftrag“ beschrieben, den die Strafverfolgungsbehörden zu erfüllen haben. Dem konnte man bis dato nicht wirklich nachkommen, so die Leiterin Frau Dr. Thom. Das lege daran, dass das im StPO und StGB als Ermessensvorschrift ausgestaltet gewesen ist und letztendlich, wenn man Sachen nicht machen muss, die sehr komplex sind, geraten diese relativ schnell ins hintertreffen. Das hat sich mit der Reform geändert. Jetzt ist die Einziehung ein Muss, dass bedeutet in jedem Strafermittlungsverfahren muss auch die Einziehung hin ermittelt werden und auch später eine Einziehungsentscheidung getroffen werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Daher gibt es kein Ermessen mehr. Ziel der Entziehungsentscheidung ist, Straftaten dürfen sich nicht lohnen. Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung als bereicherungsrechtlicher Bestandteil in das Strafverfahren integriert. Darüber hinaus wurde auch bei der Reform die Opferentschädigung erleichtert, die in Strafermittlungsverfahren und in Strafverfahren integriert wird. Das bedeutet die Ermittlung, mit dem Ziel der Abschöpfung und diese erfolgt im Urteil durch ein Einziehungsentscheidung zu Gunsten des Staates zunächst. Das bedeutet das ist ein Anspruch den die Staatsanwaltschaft in erster Linie verfolgt dann aber in einem zweiten Schritt, wenn das Urteil rechtskräftig ist in die Opferentschädigung dann eintreten wenn die verletzte Strafnorm, Verletzte schützt. Soll heißen, in diesen Fällen die eingezogenen Taterträge nicht bei der Staatsanwaltschaft verbleiben dürfen, sondern wenn die Verletzten etwas davon beanspruchen, dieses auch ausgekehrt werden müssen.

Wie wird das ganze nun umgesetzt:

Das geschieht durch ein Urteil. Das ist § 73 f. StGB. Derjenige der durch die Tat oder für die Tat etwas erlangt hat, dieses erlangte wieder zurückgeben muss. Wenn das erlangte nicht mehr da ist, haftet der Täter mit einem Wertersatz, einem Legalvermögen, das ist die eine Seite.

Die andere ist die Untersuchungshaft (U- Haft) die ja auch das Strafverfahren sichern soll. Hat die Staatsanwaltschaft Sicherungsinstrumentarien im Ermittlungsverfahren.

Ein Beispiel:

Die Situation mit den 77 Immobilien, die vorläufige Sicherung. Hier geht es um die Vollziehung von Vermögensarresten und Beschlagnahmebeschlüssen. Ziel ist es die spätere Einziehung im Hauptverfahren durch das Gericht zu sichern.  Da die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass bestimmte Tätertypen die  Straftaten begehen, die gegen fremde Vermögensinteressen gerichtet sind und „verschleiernd“ auftreten, das ist gerade bei dem Beispiel der Geldwäsche. Hier versucht der oder die TäterInnen alles, wenn diese von den Ermittlungsverfahren erfahren, dass die Vermögenswerte „beiseite geschafft werden“.  Bei Immobilien nutzen die Täter das sogenannte Sicherungsrechte, die die Täter für sich in das Grundbuch eintragen für dritte, um den Zugriff zu verhindern und zu entziehen.

Bei Immobilien sind das Beschlagnahmungsbeschlüsse, weil sie als originäres Tatobjekt noch vorhanden sind. Währen die Immobilien nicht mehr da gewesen, müsste die Staatsanwaltschaft mit Vermögensarresten in Höhe des Wertes der Immobilie ins Legalvermögen der  Täter und Beschuldigten gehen.

Die Abteilung von Frau Dr. Thom schult auch die BeamtInnen in diesen Bereichen und bildet fort.

Auch eine Strafe schreckt nicht unbedingt ab. Bei Tätern dreht sich alles um die Vermögenswerte, die illegal erlangt sind. Die Staatsanwaltschaft hat festgestellt, dass Geldwäscheermittlungen nicht zum Ziel geführt haben. Weil die Katalogtat, da wo die Gelder letztendlich herstammen, nicht konkretisieren konnten bzw. nicht hinreichend, sodass eine Verurteilung zwar wahrscheinlich gewesen wäre. Erst durch das Einziehen der Immobilien und der Mieten wird Eindruck bei den TäterInnen geschaffen und hier auch massiven Druck auszuüben. Die Leitung Frau Dr. Thom sieht ihre Abteilung als integralen Bestandteil dieser Ermittlungsverfahren.

 

Zahlen und Fakten von Frau OStA´in Dr. Thom

Die Zahlen betreffen die „organisierte Kriminalität- Abteilung“, die sogenannte OK- Abteilung im Verhältnis zum gesamten Hause der Staatsanwaltschaft Berlin.

Zahlen zur Vermögensabschöpfung für das Jahr 2020:

Sicherungsmaßnahmen in Höhe von insg. („Ist“-Wert = tatsächlich  gesichert):

4 OK-Abteilungen:      1.166.480 Euro

Abt. 247:                     1.182.994 Euro

StA Berlin insg.           24.550.819 Euro

Rkr. (rechtskräftiger) Einziehungsentscheidungen in Höhe von ins. („Soll“-Wert = tituliert, noch zu vollstrecken):

4 OK-Abteilungen:      5.450.081 Mio. Euro

Abt. 247:                     7.165.754 Mio. Euro

StA Berlin insg.           121.677.903 Euro (3.023 Verfahren)

Von den 77 Immobilien sind bisher zwei rechtskräftig dem Land zugesprochen worden. Wie geht es mit den anderen Immobilien weiter und wie lange wird es dauern?

Frau Dr. Thom:

Die anderen Ermittlungsverfahren sind weiterhin noch offen. Diese kommen gerade zum Ende. Die KollegIn, die dafür zuständig ist, wird die Anträge zeitnah herausschicken.

Ist eine Aufstockung von MitarbeiterInnen geplant? Und wie viele fehlen aktuell? Gibt es Konzepte um zu ermitteln und Beweise zu sichern durch Straftaten von Unternehmen?

Senator Dr. Behrendt:

Zum Thema der Personalausstattung war ein Schwerpunkt der letzten Haushaltsberatung. Der Senator ist sehr froh, dass der Personalzuwachs vom Parlament mitgetragen wurde. 2016 waren es noch 354 Staatsanwaltschaftsstellen und jetzt sind es 427 Stellen also ein Personalzuwachs von 20% in den fünf Jahren.

Eine weitere Herausforderung ist der demografische Wandel, der zu vermerken ist.

Ein wichtiger Punkt für den Senator ist die Raumsituation der BeamtInnen. Die Doppelbelegung wurde deutlich reduziert. Das ehemalige Air Berlin Gelände wurde angemietet für die Staatsanwaltschaft. Es handelt sich um 3.200 qm. Die Doppelbelegung ist nicht attraktiv und kann somit deutlich besser gestaltet werden als Arbeitsplatz.

Herr Raupach:

Wir haben derzeit 36 KollegInnen in den OK- Abteilungen. Wir haben sogenannte BtM Abteilungen die auch vereinzelt OK- Maßnahmen bearbeiten. Es werde sehr genau schauen, wie viele substanzhaltige Verfahren auf die StA Berlin zukommen und werden auch entsprechend nach dem Arbeitsbedarf die Abteilungen verstärken.

Die Wirtschaftskriminalität ist sehr langwierig und sehr kompliziert. Hier sind die Ermittlungen etwas länger angelegt und es muss geschaut werden wie gut die Steuerung ist.

Mit Marc Sommer und der Staatsanwaltschaft Berlin wird eine Dokumentation geplant. Sie können gespannt sein.

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