Berlin/ Bonn, 17.09.2021 ein Bericht von Marc Sommer
Gestern wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Bonn gegen den Kinderpsychiater Michael Winterhoff Ermittlungen einleitete. Michael Winterhoff wurde bekannt durch zahlreiche Auftritte in Talkshows des öffentlich rechtlichen Rundfunks, wie Markus Lanz, Maybrit Illner, Frank Plasberg und andere, namhafte Shows.
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Wer ist Michael Winterhoff?
Michael Winterhoff ist ein Kinder- und Jugendpsychiater und Autor aus Bonn. Eine im August 2021 ausgestrahlte ARD-Reportage über Winterhoffs Methoden führte zu breiter Kritik in den Medien und aus der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Er wurde von den öffentlich rechtlichen Medien als der Star am Psychiaterhimmel gefeiert und protegiert. Nun wendet sich das Blatt.
Was ist passiert?
Der Kinder- und Jugendpsychiater soll an mehrere Kinder und Jugendliche über Jahre das Medikament Pipamperon verschrieben haben. Dieses Medikament ist für die Sedierung von psychisch auffälligen Patient*innen gedacht und als Notfallmedikament gedacht. Der Arzt soll Kindern dieses Medikament zur Dauermedikation verschrieben haben. Seine Vorgehensweise soll, laut Aussagen der betroffenen Kinder und der Eltern, Erziehungsberechtigten recht simpel abgelaufen sein. Eine Diagnose scheint in diesem Fall immer wieder eine Rolle gespielt zu haben. Die narzisstische Persönlichkeitsstörung ICD 10 F60.8. Diese Diagnose ist allerdings für Erwachsene. Auch soll es den Verdacht geben, dass der Arzt unterschiedliche Gutachten für gleiche Fälle bei den Krankenkassen abgerechnet haben soll. In einem besonders heiklen Fall soll es sogar um sexuellen Missbrauch von Kindern gehen.
Die noch zu ermittelnden Vorwürfe in den Verfahren gegen Michael Winterhoff:
- Behandlung ohne Einverständnis
- Vorgehen soll „jenseits“ jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnisse sein
- Abrechnungsbetrug
- Missbrauch von Schutzbefohlenen
- u.a., genaues wird von der StA Bonn gerade ermittelt.
Was sagt Strafrechtsanwalt Sascha Medra- Teuber hierzu?
Der Strafrechtsanwalt Sascha Medra- Teuber, der Kanzlei rightmart vertritt potenziell Geschädigte und schätzt den Fall wie folgt ein: „Mit dem Start der Ermittlungen gegen Kinderpsychiater Michael Winterhoff verdichten sich die Anzeichen für eine Straftat. Aus unseren Gesprächen mit zahlreichen Kinderpsychiater*innen geht hervor, dass eine jahrelange Verabreichung des Medikaments Pipamperon rechtswidrig war. Somit dürfen die Geschädigten hoffen, dass dieses Vorgehen von der Staatsanwaltschaft oder dem zuständigen Zivilgericht gewürdigt wird und die Opfer ihren Anspruch auf Schadensersatz geltend machen können.
Aufgrund der drohenden Verjährungsfrist und möglichen Aktenvernichtungen nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht müssen potenziell Geschädigte schnell handeln, um den Strafanzeigenprozess zu beschleunigen und eine zivilrechtliche Auseinandersetzung vorzubereiten, müssen die Einsicht in die Patientenakten, der Unterstützungsantrag nach § 66 SGB V und der Antrag auf Versichertenauskunft nach § 83 SGB X vorliegen.“
Hinweis: Nebenwirkungen
Pipamperon kann zahlreiche Nebenwirkungen hervorrufen: Müdigkeit, starke Gewichtszunahme, Diabetes, Herzerkrankungen. Auch gibt es Hinweise darauf, dass das Medikament zu einer Verringerung der Hirnmasse beitragen könnte. Studien gehen dem nach.
Ob es weitere Ermittlungen gegen den Psychiater gibt, kann im Moment vonseiten der Staatsanwaltschaft Bonn noch nicht bestätigt werden. Welche Punkte und ob es zu einer strafrechtlichen Klage kommt, wird noch zu ermitteln sein. Sollten sich die Ermittlungen nicht verhärten, muss auch darüber nachgedacht werden, wie sich das Gesundheitssystem ändern muss und gibt es noch unentdeckte Fälle? Wir von der Redaktion stehen mit den Anwälten und der Staatsanwaltschaft in Verbindung. Sobald sich neue Ermittlungsergebnisse ergeben, lesen Sie hier zuerst über die weiteren Maßnahmen und möglichen Folgen. Wir möchten erneut darauf hinweisen, solange eine Schuld im juristischen Sinne, durch ein rechtskräftiges Urteil, nicht gefallen ist, gilt die Unschuldsvermutung. So auch in diesem Fall. Die Redaktion weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei diesem Artikel nicht um eine Anprangerung handelt, sondern um Recherchen. Die aktuellen Ergebnisse dieser Recherche sind, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen hat. Der Ausgang ist offen. Die Unschuldsvermutung wird auch hier berücksichtigt und angewendet.